Was passiert eigentlich, wenn mich jemand vor der Familie, vor Freunden und Bekannten oder gar vor meinem Arbeitgeber als SM'ler geoutet hat? Was kann ich rein juristisch dagegen unternehmen?
Hat es Sinn, zu einem Anwalt zu gehen, notfalls sogar vor Gericht zu ziehen?

Die schlechte Nachricht zuerst - in aller Regel nein.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes schützt zwar die Intimsphäre eines Menschen, also auch und insbesondere den Bereich seiner Sexualität, selbst bei Personen des öffentlichen Lebens.
Ohne Einwilligung des Betroffenen sind Veröffentlichungen über die Intimsphäre sogar bei Prominenten immer kritisch zu betrachten, bei denen die Rechtsprechung ein gewisses öffentliches Interesse an umfassender Berichterstattung bejaht, gestützt zudem auf die Pressefreiheit.

Insofern ist die öffentliche oder private Weitergabe von intimen Details über private, nicht im Brennpunkt der Öffentlichkeit stehende Menschen durchweg als Verletzung ihres Persönlichkeitsrechtes anzusehen.
Darunter fällt auch das Zwangsouting, denn auch das besteht in der Verbreitung von Details aus dem Intimleben.

Und zwar sowohl dann, wenn die Klatschbase in weiblicher oder männlicher Form über diese Einzelheiten aus eigener Anschauung berichtet, also beispielsweise als Ex-Partner oder Mit-Besucher einer Spiele-Party, als auch, wenn man selbst es ihm erzählt hat.
Das gesprochene Wort ist ebenfalls durch das Persönlichkeitsrecht geschützt.
Wer etwas in einem Gespräch preisgibt, kann und darf grundsätzlich selbst bestimmen, wer es hören soll. Da man im Prinzip davon ausgehen kann, intime Schilderungen sind durchweg allein für die Person bestimmt, der man sie mitteilt, verletzt jede Weitergabe durch Klatsch und Tratsch dieses Grundrecht. Und zwar auch dann, wenn die weitergetragenen Behauptungen wahr sind.

In diesen Fällen gewährt § 823 Abs. I des BGB (Bürgerlichen Gesetzbuchs) gemeinsam mit einer analogen Anwendung der §§ 862, 1004 BGB einen Anspruch auf Unterlassung solcher Beeinträchtigungen.

Dieser greift jedoch naturgemäß erst bei zukünftigen Rechtsverletzungen, also dann, wenn es bereits in mindestens einem Fall zu einem solchen unrechtmäßigen Klatsch gekommen ist, wenn es also in der Regel bereits zu spät ist und das Outing erfolgt.

Darüber hinaus wird jemand, der durch ein solches Zwangsouting unter Umständen schon genug Ärger hat, wenig erpicht darauf sein, die strittigen intimen Details nun nochmals vor den Augen der Justiz auszubreiten und sich womöglich sogar um deren Wahrheitsgehalt streiten zu müssen.

Diese juristische Handhabe ist daher eher eine theoretische Möglichkeit als eine praktische Handhabe.

In manchen Fällen besteht daneben ein Anspruch auf Schadensersatz.
Zum einen wird dieser jedoch bei unwahren Behauptungen weit leichter bejaht als bei wahren - und wer einen SM'ler einen SM'ler nennt, spricht nun einmal die Wahrheit -, und zum zweiten bedeutet auch das, man muss intime Details diskutieren.
Außerdem ist ein konkreter Schaden meist nicht feststellbar, selbst beim Verlust des Arbeitsplatzes. Dies einmal ganz abgesehen von der Schwierigkeit des Nachweises, dass dieser tatsächlich auf dem Outing beruht.

Es wird zwar bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechtes auch der so genannte immaterielle Schaden ersetzt, also ein Schmerzensgeld gezahlt - dies jedoch nur in besonders gravierenden Fällen.

Insgesamt ist also festzuhalten, dass die Justiz keine wirksamen Rechtsmittel gegen ein Zwangsouting bereitstellt.

Oft kann auch eine Anzeige wegen Stalking helfen. Nicht selten verfällt derjenige, der mit dem Outing droht, auch gleichzeitig ein Stalker - und inzwischen ist das Stalking ja auch in Deutschland strafbar. Die Durchsetzung dieser Norm ist allerdings praktisch nicht immer einfach.

Es bleibt oft also nur der außerrechtliche Weg in Form von Gesprächen mit demjenigen, der so unfair das eigene Intimleben ausbreitet, und mit denen, gegenüber denen das geschieht.

Wobei in manchen Fällen sicherlich die Drohung, zu einem Anwalt zu gehen und vor Gericht Unterlassung und Schadensersatz zu verlangen, durchaus seine Wirkung zeigen kann.